jeden ersten Samstag im Monat…

... zeigen wir im B-Movie einen ausgewählten Film: schwul, trans, lesbisch - polygendered. Danach ist Bar. Willkommen sind alle, die im hetero- und homonormativen Mainstream nicht auf ihre Kosten kommen.
Film des Monats

Sa. 07.03.20, 22 Uhr: „Kuss der Spinnenfrau“

Kuss der Spinnenfrau / BEIJO DA A MULHER ARANHA / KISS OF THE SPIDER WOMAN

Hector Babenco; Brasilien/USA 1985; 124 Min.; Deutsche Fassung analog auf 35 mm

Zwei Männer in einer Zelle – irgendwo in einem dreckigen Knast in Brasilien. Der eine ist Valentin Arregui (Raul Julia), ein Oppositioneller, der gegen das Regime vorgehen will. Sein ungleicher Mit-Sträfling Luis Molina (William Hurt), der sich für die schwülstig-kitschige Traumwelt eines Propagandafilms begeistert, ist alles andere als politisch engagiert. Als waschechte „Schwester“, mit einem Hang fürs Schöne und Feine, sitzt er wegen angeblich unzüchtigem Umgang mit Minderjährigen ein. Luis hat mit der Geheimpolizei eine Abmachung, nach der er Valentin ausspionieren soll. Er verliebt sich jedoch in Valentin und bewahrt Stillschweigen. Nach seiner Entlassung kontaktiert Luis die revolutionären Freunde von Valentin, was nicht ohne Folgen bleibt.

Der als Kammerspiel intensiv gestaltete Film basiert auf der Romanvorlage von Manuel Puig, welche in Argentinien spielte.

Film des Monats

Sa. 01.02.20, 22 Uhr: „Marvin“

Marvin

Anne Fontain; Frankreich 2018; 114 Min.; OmU; digital

Martin Clement, geboren als Marvin Bijou, ist entkommen. Dem Dorf seiner Kindheit. Der Tyrannei seines Vaters. Der Resignation seiner Mutter. Den Schikanen seiner Geschwister und Mitschüler. Allen, die ihn nicht verstehen wollten, weil er anders war als sie. Aber es gab auch Verbündete. Seine Lehrerin Madame Clement, die ihm die Welt des Theaters zeigte und deren Namen er voll Dankbarkeit annahm. Den Schriftsteller Abel Pinto, der ihn ermutigte, seine Geschichte aufzuschreiben. Und die Schauspielerin Isabelle Huppert, die sein Lebensstück mit ihm auf die Bühne bringen will. Martin ist bereit, für diese Aufführung alles zu riskieren. Sie soll zum endgültigen Zeugnis seiner Neuerfindung werden. [https://www.marvin-der-film.de/]

Für ihr authentisches Porträt eines schwulen Jungen, der sich von seiner prekären Herkunft befreit und zu einer eigenen künstlerischen Stimme findet, wechselt Regisseurin Anne Fontaine zwischen Marvins traumatischer Vergangenheit in der ostfranzösischen Provinz und Martins verheißungsvoller Gegenwart in der Pariser Bohème hin und her. Der Film wirkt wie eine dramatische Umsetzung von Didier Eribons Rückkehr nach Reims.

Film des Monats

Sa. 04.01.20, 22 Uhr: „The Hours“

The Hours

Stephen Daldry; USA 2002; 114 Min.; OmU; digital

Das Leben dreier Frauen aus drei unterschiedlichen Epochen ist miteinander verknüpft. 1923 erwacht Virginia Wolf (Nicole Kidman) mit der Idee für ihren neuen Roman im Kopf. Sie kann nicht vergessen, dass sie bisher stets mit Lethargie und Depressionen kämpfen musste, wenn sie an einem neuen Werk schrieb. Es nimmt sie mit, dass sich ihr Leben fremdbestimmt anfühlt, weswegen „Mrs. Dalloway“ ihre Erlebniswelt widerspiegeln soll. Der Roman wird 1951 auch von Laura Brown (Julianne Moore) gelesen, die sich ebenfalls eingeengt fühlt – in der Ehe mit Dan (John C. Reilly). Ein Plan beginnt, in ihr zu reifen: Selbsttötung.

Die dritte Episode von „The Hours“ spielt in der Gegenwart, wo Clarissa (Meryl Streep) mit ihrer eingeengten Lebenssituation zurechtzukommen versucht. Sie pflegt ihre an AIDS erkrankte Jugendliebe Richard (Ed Harris) und hofft, an vergangenes Glück anschließen zu können. Er nennt sie Mrs. Dalloway …

Michael Cunninghams Roman „The Hours“ galt als unverfilmbar, handelt er doch vom Rückzug nach innen. Umso sensationeller ist die Eindringlichkeit, mit der das Ensemble Gefühlswelten einsichtig macht.

Film des Monats

Sa. 07.12.19, 22 Uhr: „Philadelphia“

Philadelphia

Jonathan Demme, USA 1993, 125 min., OmU

Philadelphia ist der erste große Hollywood­film, der sich kritisch mit dem gesell­schaftlichen Umgang mit AIDS-Erkrankten und schwulen Männern in den USA ausein­andersetzte. Jonathan Demmes Gerichts­drama war ein großer Erfolg und erhielt auch zahlreiche Preise, unter anderem 1994 den Oscar für den besten Haupt­darsteller. Nicht nur christliche Fundamen­talist­Innen kritisierten den Film, sondern auch Aids-AktivistInnen, weil er Klischee reproduziere und nicht bekämpfe.

Der ehrgeizige junge Anwalt Andrew Beckett (Tom Hanks), der eine aussichts­reiche Karriere vor sich hat, wird von der angesehenen Kanzlei, für die er arbeitet, unter einem Vorwand entlassen, nach die ersten Anzeichen einer AIDS-Erkrankung für alle sichtbar werden. Beckett möchte seinen ehemaligen Arbeitgeber wegen Diskriminierung auf Entschädigung verklagen. Als Rechtsbeistand findet er schließlich Joe Miller (Denzel Washington), der die Vertretung erst übernimmt, nachdem er miterlebt hat, wie Beckett in einer wissenschaftlichen Bibliothek wegen seiner Erkrankung diskriminiert wird, und nur langsam seine eigenen Vorurteile ablegt.

Film des Monats

Sa. 02.11.19 22 Uhr: „Nach der Zukunft“ und „Leiber“

NACH DER ZUKUNFT

André Krummel, D 2017, 46 min., OF mit engl. UT, digital

Nach dem Film gibt es Gelegenheit zu einem Publikumsgespräch mit André Krummel und Ortwin Passon, dem Regisseur und dem Protagonisten des Films.

Irgendwo zwischen der militärisch an­mu­ten­den Ordnung provinzieller THW-Veran­stal­tun­gen und der Ekstase schwuler Sex-on-Meth-Partys spielt sich Ortwin Passons Leben ab.

HIV-positiv hat er die Zeit überlebt, in der seine Diagnose noch einem Todesurteil gleichkam. Nun kämpft er für das Recht auf ungeschützten Sex und schreibt über die politische und strafrechtliche Relevanz von „Barebacking” seine Dissertation. Mittler­weile schon so lange, dass sein Doktorvater vermutlich die Fertigstellung nicht mehr mit erleben wird.

Als kritischer Politologe wendet er sich in seinen Publikationen gegen einen Staat, der in seinen Augen repressiv agiert und Frei­heits­rechte einzuschränken sucht. Privat lotet er die Grenzen radikal aus, die Staat und Öffentlichkeitsetzen: auf Gruppensexpartys, bei denen er unter Einfluss harter Drogen unge­schützten Analverkehr mit Männern hat.

NACH DER ZUKUNFT erzählt vom Leben nach dem Nicht-Eintreten des Todes, dem Bedürfnis nach Souveränität und Legitimation und ist gleichzeitig ein intimes Psychogramm einer komplexen Persönlichkeit.

vorher:

LEIBER

Andrè Krummel, D 2014, 10 min., OF mit engl. UT, digital

Der 20-Jährige Felix (Jonathan Berlin) hat vor einem halben Jahr angefangen, mit Sex schnelles Geld zu verdienen. Mehrmals die Woche verabredet er sich mit älteren Männern. Etwas Intimes sieht Felix daran nicht, schließlich ist es für ihn ein mechanisches Rein-und-Raus. Doch diesmal trifft Felix auf einen Kunden (Gerhard Polacek), der 250 Kilo wiegt. Felix ist gezwungen sich auf eine andere Weise mit dem gefährlich übergewichtigen Geschäftsmann auseinanderzusetzen. Dabei erfährt er dessen faszinierende Geschichte, die Felix zu einer Erkenntnis über sich selbst bewegt.

Film des Monats

Sa. 5.10.19 22 Uhr: „Tangerine LA“

TANGERINE LA

Sean Baker, USA 2015, 88 min., OmU, digital

Einen Tag lang folgen wir den beiden transsexuellen Pros­tituierten Sin-Dee (Kiki Rodriguez) und Alexandra (Mya Taylor) sowie dem aus Armenien stammenden Taxifahrer-Freier Razmik (Karren Karagulian) an Weihnach­ten durch den Alltag rund um die Kreuzung Santa Monica Boulevard und Highland Avenue. Es geht um Eifersucht, weil Sin-Dee die Frau auftreiben will, mit der ihr Freund und Zuhälter sie betrogen haben soll. Es geht um Träume, denn abends wird Alexandra in einer Bar als Sängerin einen Auftritt versuchen. Und nicht zuletzt geht es um Freundschaft.

Dass jenseits der Nische des Queer Cinema ein Kinofilm mit großer Selbstverständlichkeit zwei transsexuelle Protagonistinnen ins Zentrum stellt, ist nach wie vor außergewöhnlich. Noch exzeptioneller erscheint, dass Independent Regisseur-Baker dabei nicht nur ohne den manierierten Kitsch auskommt, sondern auch auf jede Art von »straight-washing« verzichtet – und mit Rodriguez und Taylor tatsächlich zwei Transgender-Darstellerinnen besetzte. Aus technischer Sicht ist bemerkenswert, dass dies der erste Breitbildformat-Kinofilm ist, der ausschließlich mit iPhones gedreht wurde.

Film des Monats

Sa. 07.09.2019 22 Uhr: „Small Apartments“

Small Apartments

Jonas Akerlund, USA 2012, 97 Min., OmU, digital

Franklin Franklin (Matt Lucas) lebt allein in einem schäbigen Apartment in Los Angeles. Er spielt gern Alphorn und träumt von einem Umzug in die Schweiz. Er trinkt nur Wasser, hat keine Körperbehaarung und verbringt den Großteil seiner Zeit nur in Unterhosen. Außerdem hat er seinen Vermieter Mr. Olivetti (Peter Stormare) aus Versehen getötet, aber wie so vieles in seinem Leben scheint ihn das wenig zu beschäftigen. Die einzige menschliche Beziehung, die er führt, ist die zu seinem Bruder Bernard (James Marsden). Franklins schräge Nachbarn bekommen von all dem wenig mit: Der stets betrunkene Polizist Burt Walnut (Billy Crystal), die Möchte-Gern-Vegas-Stripperin Simone (Juno Temple), der Kiffer Tommy (Johnny Knoxville) und der streitlustige Mr. Piment (James Caan) haben ihre eigenen Sorgen und Probleme. Als Franklin versucht, den Todesfall von Mr. Olivetti als Selbstmord zu inszenieren, setzt er damit eine Reihe von weitreichenden Ereignissen in Gang, die sein Leben nachhaltig verändern.

Für die Hauptrolle rekrutierte Åkerlund den Comedian Matt Lucas, der vor allem für seine Anarcho-Rollen in der Serie „Little Britain“ bekannt ist und schuf eine berührende, schräg-eigenwillige Komödie, die auf andere Art „queer“ ist!

Ausgefallen

Sommerpause

Wir machen im August Sommerpause und sehen uns am 7. September wieder.

Film des Monats

Sa. 06.07.2019 20 Uhr: „Shortbus“ – 10 Jahre Q-Movie-Bar

Shortbus

John Camreron Mitchell, USA 2006, 102 min., OmU, digital

Mitchells zweiter Film spielt an einem ganz speziellen Ort – dem „Shortbus“. Dieser ist eine Mischung aus dem klassischen Pariser Salon der 1920er Jahre und einem exklusiv-experimen­tellen New Yorker Underground-Sex­club. Hier treffen sich verschiedene Menschen, die Liebe, Anerkennung, Sex und Befriedigung suchen: ein schwules Pärchen, das darüber nach­denkt, seine Beziehung zu öffnen, eine Sextherapeutin, die es sich nach allen Regeln des Kamasutra besorgen lässt, aber dabei leider keinen Orgasmus hat, und eine schutzbedürftige Domina.

John Cameron Mitchell hat Story, Dialoge und Szenen zusammen mit den engagierten SchauspielerInnen entwickelt und sieht seinen Film als Statement gegen christliche und prüde Sexualmoral. Die provozierenden, schönen und traurigen Seiten von Sexualität werden hier ebenso gezeigt wie die Stärke und Verletzlichkeit der ProtagonistInnen. Ein wunderbarer und wichtiger Film für die queere Community, in dem die Musik von Yo La Tengo und die Auftritte von J.D. (Le Tigre), Daniela Sea (The LWord), Bitch, Jay Brannan und Scott Matthew unsere Herzen höher schlagen lassen.

Anlässlich des Jubiläums ab 22 Uhr Kurzfilme!

Film des Monats

Sa. 01.06.2019 22 Uhr: „Hey Happy“

Hey Happy

Noam Gonick, Canada 2001, 70 min., OmU, digital

Winnipeg, Kanada. Eine Stadt, die geprägt ist von Ödnis und Industrie. Man erwartet eine gigantische Überschwemmung, die alles Leben auslöschen wird. Doch das Warten stumpft ab. Und so kommen ganz andere, bizarre Sorgen zum Vorschein. Etwa die von Sabu, einem jungen Partymacher, der bei seinem nächsten Rave die Zweitausend voll machen will. Seine „Mission“: mit 2.000 Männern Sex zu haben – und nur noch einer steht aus. Der zu Bekehrende heißt Happy und ist ein hübscher, aber etwas trotteliger Schrat. Er findet sein Heil in der Ufologie und lässt sich von Aliens beraten. Zu Sabus großem Verdruss wird Happy jedoch von Spanky gekidnappt, einem bösartigen Friseur und selbsternanntem „gemeinsten Biest der Welt“. Bis zum Happy? End geht es bizarr weiter.

Der Film ist eine ungewöhnliche Erzählung aus apokalyptischer Zeit. Sein Look ist mit seinen farbstarken CinemaScope-Bildern betörend und die Filmmusik mit einem Mix von Trip-Hop bis zu Easy Listening macht den Film zu einem entspannten Trip, der die 1970er Jahre ganz schön alt aussehen lässt.